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Das 13. Jahrhundert

Chronik Waltersdorf

DAS 13. JAHRHUNDERT

KIRCHBAU

Die Anfänge des Dorfes, der Kirche und der Kirchengemeinde liegen im Dunkeln. Eine Gründungsurkunde, bzw. Urkunden aus der Gründungszeit, die man wohl um oder nach 1200 ansetzen muss, gibt es nicht. Die Gründung des Dorfes gehört sicher in die Zeit der Kolonisation unter den askanischen Markgrafen, die, ursprünglich 1134 mit der Nordmark belehnt, ihr Herrschaftsgebiet östlich der Elbe weiter ausdehnen konnten.

Nach 1160 schickte Markgraf Albrecht der Bär, der erste Askanier in dem neu gewonnenen Gebiet, seine Boten an den Rhein, nach Niedersachsen, in die Niederlande, zu den Seeländern und Flamen, um Siedler für die neu gewonnen Gebiete zu werben. Die Besiedelung begann von der Stadt Brandenburg aus mit der Zauche, die Albrecht der Bär von dem Christ gewordenen Hevellerfürsten Pribislav-Heinrich geschenkt bekommen hatte. (Die Zauche ist das Land südlich der Havel) Saarmund und Trebbin werden als deutsche Siedlungen genannt.

Die Urenkel Albrechts, die Brüder Johann I und Otto III, die gemeinsam regierten, bekamen um 1225 vom „Herrn Barnem" das Land Barnim, den Teltow und andere Gebiete. Die Besiedelung dieser „unfruchtbaren und unbebauten" Gebiete mag aber schon viel früher begonnen haben. In die erste Zeit der Besiedelung durch Deutsche nach 1200 gehört sicher auch Tempelhof, ein vorgeschobener Stützpunkt der Tempelritter, dazu die beiden von den Templern gegründeten Dörfer Mariendorf und Marienfelde mit ihren alten Kirchen. Es fällt jedem auf, dass die Marienfelder Kirche eine sehr grosse Ähnlichkeit mit der Waltersdorfer Kirche hat. Ist sie auch von den Templern gebaut worden?

In diese Anfangszeit der Besiedelung nach 1200 gehört wohl auch die Gründung Waltersdorfs.



 

Bild 1 : Siegel Albrechts des Bären

Bild 2: Brakteat (einseitige Münze) von Pribislav-Heinrich

 


Der Locator, ein mit der Gründung der Dörfer beauftragter Beamter des Markgrafen, legte die Größe der Gemarkung und die Stelle des Dorfes genau fest. Die Fläche betrug in Waltersdorf nach dem Landbuch Kaiser Karls IV. im Jahr 1375 78 Hufen, das ist eine Fläche von 3000 bis 4000 ha, somit nach Groß-Machnow mit 80 Hufen die zweitgrößte Fläche im Teltow. Die Dorfstelle wurde an einem wohl schon vorhandenen Weg bestimmt, der vom castrum Wusterhuse (= Königs Wusterhausen), der letzten Grenzfestung der Askanier an der Notte herkam und sich etwa am Ende des heutigen Dorfes teilte: Der eine Weg führte nach Köpenick, der andere nach Berlin-Cölln.


 

Bild 3: Anlage eines Dorfes: der Locator, Bauern beim Roden und Hausbau

 

Die nötige Anzahl der Bauern wurde ebenfalls vom Locator festgelegt, in der Regel 10 bis 12 Siedler; jeder bekam als erblichen Besitz bis zu vier Hufen (bis zu 200 Morgen) Acker, Wiese und Wald. Die Kirche und die Pfarre erhielten je drei Hufen. Die übrige Gemarkung gehörte zum Gut. In vielen Fällen wurde der Locator der erste Dorfschulze, der die niedere Gerichtsbarkeit ausübte. Ob dieser Mann Walter hieß?

Jedem Siedler wurde eine Hofstelle mit Garten zugewiesen. Es war gewiss eine unerhört harte Arbeit, zunächst das Grundstück mit Garten, später den Acker zu roden, ein Haus aus Holz und Lehm zu errichten und das Land allmählich zu kultivieren:
"Des Vaters Tod, des Sohnes Not, des Enkels Brot" – drei Generationen mögen dazu nötig gewesen sein. Von all der großen Mühe hat sich bis heute wenig erhalten, wenn man von den kultivierten Feldern absieht.

Nur ein Bauwerk aus der Gründungszeit von Waltersdorf steht bis heute:
Die spätromanische Kirche in der Mitte des Dorfes.
Leider ist das ebenfalls wohl in seinen Grundmauern aus dem Mittelalter stammende Gutshaus neben der Kirche 1997 abgerissen worden. Wie das geschehen konnte, ist mir ein Rätsel. Jeden, der an der Geschichte Waltersdorfs Interesse hat, muss ein solcher absoluter Unverstand schmerzen. Ein wichtiger Zeuge aus der frühen Geschichte Waltersdorfs, der mindestens bis in die Renaissance zurückreichte, ist damit unwiederbringlich vernichtet. Nur gut, dass Herr Bernd Fischer / Zeuthen die alten Keller des Gutshauses und seine Umgebung archäologisch dokumentiert hat. Ich bin Herrn Fischer sehr dankbar, dass er mir ein Exemplar seiner Dokumentation überlassen hat.
Das Gutshaus bildete zusammen mit der Kirche ein wertvolles Ensemble aus der frühen Zeit Waltersdorfs! Nun ist die Kirche das einzig erhaltene mittelalterliche Bauwerk dort.

Zu den umfangreichen und schwierigen Aufgaben, die die ersten Siedler in Waltersdorf hatten, gehörte auch die Verpflichtung, am Kirchenbau teilzunehmen. Die Kirche wurde sicher zusammen mit den Lehmkaten der ersten Siedler als einzig massives Bauwerk errichtet. Die Größe der Kirche ist aus ihrer Funktion als Mutterkirche für die ganze Umgebung zu erklären. Dass die Siedler allein dazu nicht in der Lage waren, ist anzunehmen. Hier hatte die Kirche als übergreifende Organisation ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Kirchbau wurde unter fachkundiger Leitung durchgeführt. Hier mag man an die Templer aus Tempelhof oder an eine klösterliche Bauhütte denken. Dass es einen hölzernen Vorgängerbau gegeben hat, ist unwahrscheinlich.

 
 
 

Bild 4: Kapitelsiegel des Brandenburger Bistums 1238

 


Die Waltersdorfer Kirche hat den vollständigen, vierteiligen Grundriss: Turm, Schiff, Chor und Apsis, den man bei den Kirchen der näheren Umgebung sonst nicht findet.

Die älteste Darstellung der Waltersdorfer Kirche ist eine Zeichnung von Ferdinand v. Quast aus dem Jahr 1860. Die Priesterpforte der Südseite ist hier auf der Nordseite eingezeichnet. (Dass sie auf die Südseite gehört, ist extra vermerkt). Einer der damaligen Eingänge unter dem westlichen Fenster des Schiffs ist auch zu erkennen.

Es wird mehrere Jahrzehnte gedauert haben, bis diese Mutterkirche für Miersdorf, Zeuthen, Schulzendorf, Bohnsdorf und Grünau fertig gestellt war. Die nötigen Feldsteine wurden von den Äckern gesammelt und so bearbeitet, dass sie für die Außenfront von fünf Seiten rechtwinklig behauen waren. Die Steine einer Schicht hatten alle die gleiche Höhe, so dass die Fugen waagerecht durchlaufen

 

Bild 5: Älteste Zeichnung der Waltersdorfer Kirche, Bleistiftskizze von 1860

Bild 6: Mauerwerk an der Westseite

 


Man spaltete die Steine, indem man sie anbohrte und Keile in die Löcher trieb, die man anfeuchtete. Das Wasser ließ die Keile quellen und die Steine platzten. Eine andere Methode bestand darin, die Steine zu erhitzen und dann plötzlich abzukühlen, so dass sie sprangen. Die Innenwand wurde nicht so sorgfältig bearbeitet, da sie verputzt wurde. Zwischen die Außen- und Innenschale der Wand kamen die kleineren Steine und Bruchstücke, mit Mörtel vermischt, der eine außergewöhnliche Härte hatte. Er wurde nach einem Rezept hergestellt, das heute nur teilweise bekannt ist. Dieser Mörtel ist heute noch so hart, dass der Maurer, der den Zwischengiebel zwischen Chor und Schiff vor dem Aufsetzen des neuen Dachstuhls 1968 etwas erniedrigen musste, die größte Mühe damit hatte.

Der Kirchbau wurde immer im Osten mit der Apsis und dem Chor begonnen und nach Westen fortgesetzt. Die drei Apsisfenster sind noch in Originalgröße vorhanden. Man hatte sie bei der Kirchrenovierung 1913 zugemauert. Dadurch war der Altarraum so dunkel geworden, dass man eigentlich nur noch weiße Blumen auf den Altar stellen konnte.

Als bei der Renovierung 1966-1972 die Apsisfenster wieder geöffnet wurden, fanden wir einen alten Holzrahmen.
Er war lange Zeit in der Kirche beiseite gestellt, bis er 1995 vom Deutschen Archäologischen Institut dendrochronologisch untersucht wurde. Die Untersuchung ergab, dass die eichene Fensterzarge von einem Baum stammte, der um / nach 1218 gefällt worden ist! Dieser Befund ist ein sehr wichtiger Hinweis auf die Bauzeit der Kirche. Das Holz für solche Bauteile wurde nach Ansicht der Experten nicht lange gelagert, sondern verhältnismäßig frisch verarbeitet. *1)

 

Bild 7: Apsis von Westen

Bild 8: Fensterzarge aus Eichenholz

 


Die Kirche hatte im Mittelalter außer den drei Apsisfenstern auf jeder Seite fünf weitere ebenso kleine, hochgelegene Fenster, zwei im Chor, drei im Schiff. Reste dieser Fenster sind heute nur noch von außen zu sehen. In späterer Zeit hat man, um mehr Licht in der Kirche zu haben, die heutigen großen Fenster eingebrochen und damit den Raumeindruck völlig verändert.

Zur mittelalterlichen Kirche gehörte ebenfalls die Priesterpforte auf der Südseite des Chores, die zugemauert heute noch deutlich zu erkennen ist.
Der Triumphbogen zwischen Schiff und Chor ist heute leider nicht mehr vorhanden. Dass es ihn früher gegeben hat, zeigt die dreifache Absteifung der Dachbalken an dieser Stelle auf dem Kirchboden. Chor und Apsis werden durch einen Bogen getrennt. Einen weiteren offenen Bogen hatte die mittelalterliche Kirche zwischen Turm und Schiff, wie er heute in der Kirche von Groß-Machnow zu sehen ist. So sah man früher, wenn man unsere Kirche durch das Westportal betrat, gleich den gesamten Raum mit dem Altar vor sich. Heute ist dieser Bogen zugemauert. Wir betreten den Kirchenraum durch eine zweite Tür.

Wer den Turm genauer betrachtet, findet hier das Mittelalter noch am stärksten gegenwärtig. Da sind von außen bei genauer Beobachtung noch vier (zugesetzte) Schießscharten an der Westfront zu sehen, die davon zeugen, dass man sich hierher in unsicheren und kriegerischen Zeiten zurückzog und sich so gut es ging verteidigte. In der Heizungskammer in der Nordwest-Ecke des Turmes kann man heute noch eine der vier Stichkappen über den Schießscharten sehen. Zur Verteidigung diente ebenfalls die Pechnase über den vier Schießscharten, die im zugemauerten Rundfenster vorhanden war. Zu ihm führte eine heute verfallene Treppe im Turm, der im Mittelalter seinen Zugang vom Schiff her hatte. Die zwei Stufen in der Südwest-Ecke des Schiffes zeugen davon. Die heutige Turmtür wurde durch die ca. 1,70 m starke Außenwand erst später eingebrochen. Im oberen Teil des Turmes und an den Giebeln hat man sich mit der Bearbeitung der Feldsteine nicht mehr so viel Mühe gemacht. Hier fallen die waagerechten Fugen weg. Dieses Mauerwerk entspricht dem aus der späteren Besiedelungszeit um 1400, wie es z. B. in der Miersdorfer Kirche zu finden ist. Auch die spitzbogigen Schallöffnungen weisen auf eine spätere Bauzeit hin.

 

Bild 9: Chor und Apsis nach 1972

Bild 10: Kirche von Südost

 
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