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Das 16. Jahrhundert

Chronik Waltersdorf

DAS 16. JAHRHUNDERT

REFORMATION

Obwohl Kurfürst Joachim I. (1499-1535)  ein entschiedener Gegner der Reformation war, gab es in der Mark Brandenburg nach 1517 doch viele Anhänger Dr. Martin Luthers. In Beelitz z.B. verkaufte Tetzel keinen einzigen Ablassbrief. Die Einnahmen durch Ablassbriefe überhaupt gingen zurück. 1521 beteiligen sich Rat, Gilden und Schulen der Stadt Berlin nicht mehr an der Fronleichnams-Prozession. 1523 verfasst Dr. Johann Briesmann, der erste evangelische Prediger in Cottbus, sein Sendschreiben „An die Christlich Gemeyn zu Cottbus", die erste reformatorische Schrift in der Mark. Vereinzelt treten Prediger und Lehrer der evangelischen Lehre in der Mark auf. Luthers Schriften werden in der Mark verbreitet, aber bald werden seine Bibelübersetzung und das Singen seiner Lieder vom Kurfürst verboten. Nach seinem Tod 1535 verhält sich sein Sohn Joachim II. (1535-1571) abwartend. Überall aber wird auf die Einführung der neuen Lehre gedrungen. Der Berliner Rat will zu Ostern 1539 lutherisches Abendmahl (in beiderlei Gestalt) feiern, aber der Kurfürst gestattet es nicht.

Am 18.4.1539 reiste der Brandenburger Bischof Matthias von Jagow von Cölln nach Ziesar, seiner Residenz, und kehrte wie gewöhnlich beim Erblehensrichter Joachim von Schwanebeck in Teltow ein. Dort sind zehn Adlige aus dem Teltow versammelt und erklären dem Bischof, dass sie die evangelische Lehre annehmen wollen. Die altgläubigen Pfarrer werden sie zwar nicht verjagen, aber sich doch nach Predigern der neuen Lehre umtun. Diese Zehn haben die „Teltower Einigung" unterschrieben. Zu ihnen gehören bekannte Namen wie von Beeren, von Hacke, von der Liepen (Blankenfelde), und von Thümen (Löwenbruch). Dies alles wurde im Hausbuch des Erblehensrichters J. von Schwanebeck aufgeschrieben.


 

Bild 15: Kurfürst Joachim II

Bild 16: Kurfürst Joachim II empfängt das Heilige Abendmahl 1539


Die Waltersdorfer Adligen werden nicht genannt. Aber sicher werden sie mit vielen anderen am 1. November 1539 in Spandau „nach dem Vorgang des Kurfürsten das Abendmahl in beiderlei Gestalt" aus der Hand von Bischof Matthias von Jagows empfangen haben. *4)
Am 2. Nov 1539. fand im alten Berliner Dom die erste evangelische Abendmahlsfeier für Berlin-Cölln statt.
1540 wurde auf dem Landtag die neue evangelische Kirchenordnung den Ständen vorgelegt. Adel und Städte nahmen sie einstimmig an, der Bischof von Brandenburg stimmte zu, aber die Bischöfe von Havelberg und Lebus und die Geistlichkeit lehnten sie ab. Sie wurde im März 1540 eingeführt. Viele alte Formen aber werden beibehalten, die uns heute ganz katholisch vorkommen: Die Taufe wird mit sieben Exorcismen (Austreibungen) vollzogen. Firmung oder Konfirmation bleiben mit Handauflegung und Kreuzeszeichen weiter in Gebrauch. Der sonntägliche Gottesdienst wird „Mess" genannt. Der Pfarrer trägt weiterhin Messgewänder. Die „Mess" wird wie bisher gesungen. Zum Krankenabendmahl in den Häusern soll der Pfarrer im Chorrock hinter dem Küster, der mit Glocke und Lampe vorangeht, schreiten. Beim Begräbnis wird das Kreuz voran getragen. Nach der Beisetzung findet der Gottesdienst in der Kirche statt. Apostel- und Heiligenfeste bleiben zum großen Teil erhalten, es gibt aber keine Anrufung der Heiligen mehr. Schulen sind „in merklichen Abfall " gekommen, darum sollen sie „wiederum reformiert, gebessert und erhalten" werden.

Neu waren der Geist der Predigt und das Abendmahl in beiderlei Gestalt.
In den Kirchen wurde jetzt erstmals Gestühl aufgestellt und Emporen eingebaut, die Priesterpforte wurde vermauert. Die Predigt trat in den Mittelpunkt des Gottesdienstes. Damit sie nicht zu lang wurde, bekam die Sanduhr auf  der Kanzel ihren Platz.
Mit Einführung der neuen Kirchenordnung wurden von 1540 an überall Kirchenvisitationen durchgeführt, um den Bestand festzustellen und zu bewahren. Kanzler Weinlöben war immer dabei und schrieb das Protokoll. In „Wolterstorff" sind zwei Kelche und ein Pacem vorhanden (das Pacem ist ein Täfelchen, auf dem der Friedenskuss des Pfarrers beim Abendmahl überbracht wurde). An anderer Stelle wird noch eine kupferne Monstranz erwähnt. *5)
Auch die Höhe des jährlichen Abendmahlsopfers wird genannt: 50 Groschen (Waltersdorf steht von 37 Orten an sechster Stelle) *6)

1549 verkauft Asmus von der Liepe Besitzungen in Waltersdorf an Christoph von Thümen. Dies wird in einer Urkunde 1566 vom Kurfürsten bestätigt *6a) Die Thümens sind nun für lange Zeit die Gutsherren in Waltersdorf.
Wir haben eine fast vollständige Liste der 25 evangelischen Pfarrer von Waltersdorf. *7)
Der erste hieß AMBROSIUS MARWITZ und wird im Jahre 1551 erwähnt. Sein Nachfolger war wohl NICOLAUS ZANGE, der um 1570 genannt wird und wahrscheinlich bis 1575 hier Pfarrer war. Es war wohl zu dieser Zeit nicht ganz einfach, studierte evangelische Geistliche zu bekommen. Kurfürst Johann Georg ermahnte seine Kirchenpatrone, Studierte und nicht Schneider oder andere Handwerker zu Pfarrern zu ernennen. *8)
Von ca. 1575 an haben wir drei Mal den Namen PRÄTORIUS in der Pfarrerliste zu stehen. Wahrscheinlich ist dieser Name die latinisierte Form des Namens Schulze. Der erste, PETER, war Pfarrer von ca. 1575 bis 1607. Er hat, wie wir aus einem Buch des Pfarrarchivs wissen, das 1581 gedruckt wurde, die „Concordia", eine evangelische Bekenntnisschrift unterschrieben.
Sein Sohn, der ebenfalls PETER hieß, folgte ihm im hiesigen Pfarramt bis 1631. Er ist in Waltersdorf geboren und gestorben und war mit Sabine Krämer aus Teltow verheiratet. Ihr Sohn OTTO ist auch in Waltersdorf geboren. Er besuchte das Cöllnische Gymnasium, das Gymnasium „Zum Grauen Kloster" in Berlin und danach die Universität in Wittenberg. Er war von 1631 bis 1653 Pfarrer in Waltersdorf und heiratete 1632 Katharina Thiele aus Gröben. 1653 wurde er Superintendent in Cottbus, wo er 1664 starb. Von Pfr. OTTO PRÄTORIUS wissen wir mehr, wir kommen später auf ihn zurück.


DREI BÜCHER

Drei Bücher im Pfarrarchiv, von denen zwei aus dieser Zeit stammen, möchte ich vorstellen:

Das älteste Buch im Pfarrarchiv Waltersdorf  stammt aus dem Jahr 1572. Es ist in Frankfurt / Oder gedruckt. Der Titel ist nicht mehr vorhanden. Es beginnt mit einer Vorrede von Kurfürst Johann Georg (1571-1598). Es folgt auf vielen Seiten die Augsburgische Konfession von 1530, eine lutherische Bekenntnisschrift. Zu ihr gehört z.B. der Kleine Katechismus Dr. Martin Luthers – wesentlich umfangreicher als heute – mit Morgen- und Abendsegen, Tischgebeten und Haustafel, Trau- und Taufbüchlein. Danach finden wir eine ausführliche „Erklerung der Augspurgischen Confession..." und zum Schluss eine sehr interessante „Agenda Kirchen Geschefft", in der uns der Ablauf von Taufe, Beichte (!) und Abendmal (sic) vorgestellt werden.

 

Bild 17: Kurfürst Johann Georg

Bild 18: Agenda Kirchen Geschefft

 


Die Ordnung der „Mess" (= Gottesdienst) aus dem Jahr 1572 kommt uns heute sehr katholisch vor: Vom Priester im Ornat und von Ministranten ist da die Rede. Die Epistel und das Evangelium werden zuerst lateinisch gesungen oder gelesen, dann deutsch. Beim Heiligen Abendmahl werden das Vater Unser und die Einsetzungsworte gesungen, Brot und Wein erhoben. „In den kleinen Flecken aber und auff den Dörffern... sollen die Pfarrherrn die Epistel und das Evangelium ihren Audienten und Pfarrkindern allein in Deutscher Sprach lesen". Das Krankenabendmahl wird  ausführlich dargestellt. Darauf folgen die „Ordnung des Begrebnis" und „Von dem heiligen Ehestande". Jetzt folgen eine lange Reihe der „Festa, so fürnemlich in unsern Landen ausserhalb der Sonntage gehalten und gefeiert werden sollen. Nemlich...": Es folgen 32 Tage, darunter 5 Marienfesttage, 9 Apostel- und 6 Heiligen- oder Engelgedenktage, dazu der Fronleichnams- und der Allerheiligentag, - und das alles in der evangelischen Mark Brandenburg!
Der Katechismus soll „auff den Dörffern ale Sonntag umb 12 Uhr  von Pfarrherrn oder Cüstern den Leuten in den Kirchen vorgelesen werden".
In diesem ältesten Buch im Archiv gibt es gewiss noch vieles zu entdecken. Leider ist es in einem sehr schlechten Zustand.

Das zweitälteste Buch, „gedruckt in Franckfurt an der Oder 1581", hat einen sehr langen Titel: „Concordia, Christliche, Widerholete, einmütige Bekenntnüs nachbenannter Churfürsten, Fürsten und Stende Augspurgischer Confession...mit wolgegründter Erklerung etlicher Artikel, bey welchen nach Dr. Martin Luthers seligen absterben disputation und streit vorgefallen". Wir finden hier außer dem Kleinen und Großen Katechismus Schriften gegen solche, die die Augsburgische Konfession nicht unterschrieben haben. Am Schluss des Buches finden wir die Namen aller, die die Concordia unterschrieben haben, darunter auch den Namen Petrus Prätorius (sen.) im Sprengel „Spandaw", der von ca. 1575 bis 1607 hier Pfarrer war.

Dass solche Bücher von einer Dorfgemeinde für viel Geld angeschafft und sicher auch fleißig benutzt wurden, zeugt davon, dass die Reformation auch auf dem Lande festen Fuß gefasst hatte.

Das dritte Buch, das ich vorstellen möchte, ist die „Apostolische Schlußkett und Krafft-Kern", ein Auslegungs- und Predigtbuch der Episteln in fünfter Auflage, gedruckt in „Franckfurt am Mayn "1701.
Es ist in pietistischem Geist verfasst.



Bild 19: Buchtitel Concordia, 1581

Bild 20: Unterschrift von Peter Pretorius

Bild 21: Apostolische Schlußkett, 1701


ABENDMAHLSGERÄT, TAUFSTEIN UND GRABSTEINE


Etwa aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammen Abendmahlskelch und Patene. Sie sind aus vergoldetem Silber, eine sehr wertvolle Goldschmiedearbeit der Renaissance. Wir finden die sehr ausgeprägten Bildnisse der Stifter im Profil auf dem Knauf, ihre Wappen auf dem Fuß des Kelches abgebildet: Else Petin mit ihrem Wappen, Asmus von der Lipe (auch Liepe und Lype geschrieben) mit seinem Wappen, Otto von Thümen, darunter der Gekreuzigte mit INRI.

Bild 22: Kelch und Patene

Bild 23: Bildnis auf dem Knauf des Kelches

Bild 24: Wappen auf dem Fuß des Kelches


Der Taufstein in unserer Kirche ist eine Arbeit vom Ende des 16. Jahrhunderts.

Alexander Otto von Thümen und seine zweite Ehefrau gelten als die Stifter.
Da der Fuß zerbrochen war, stand er lange Zeit unbeachtet im Turmgewölbe, während in der Kirche ein hölzernes Gestell für die Taufschüssel diente. Erst im Jahre 1894 wurde der untere Teil anlässlich der Taufe von Wilhelm Snethlage erneuert und der Taufstein wieder in der Kirche aufgestellt. Neben schönem Beschlagwerk aus Sandstein finden wir auf ihm die Wappen derer von Thümen und von Hake, von der Gröben und von Oppen.  *9)

Die alte Taufschale aus Messing vom Jahre 1702, gestiftet vom Amtmann Christoph Christian, ist leider nicht mehr vorhanden. (Wir haben heute eine Taufschale aus Zinn). Der Amtmann wurde 1712 „in der Kirche vor dem Altar" begraben. *10

 
 
 

Bild 25: Taufstein um 1937

 


Zu den Persönlichkeiten, die in der Kirche begraben wurden, gehörten früher auch die Mitglieder der Familie von Thümen um die Wende des 16./17. Jahrhunderts. Die drei Grabsteine, die heute in der Turmhalle stehen, lagen früher im Fußboden der Kirche.

Bild 26: Grabstein von Otto Friedrich von Thümen, gest. 1592

Bild 27: Grabstein von Melosyna von Thümen, geb. von Sampleben, gest. 1596

Bild 28: Grabstein von Otto von Thümen, gest. 1604


Der älteste ist der des Kindes Otto Friedrich von Thümen, dargestellt mit Halskrause und weitem Mantel.
Er war „anno 88 Freitags nach Elisabethae geboren und anno 92 Dienstag nach Oculi seliglich gestorben..." Die Wappen seiner vier Großeltern befinden sich in den vier Ecken des Grabsteins:

von Thümen    von Sampleben
von Hake        von Rochow

Rechts neben der Eingangstür steht der Grabstein der ersten Gemahlin Alexander Ottos von Thümen, Melosyna, geb. von Sampleben, „die 1596, den 6. July abends um 9 Uhr im 45. Jahr verstarb". Sie wird mit Haube, Halskrause und langem Mantel, die Hände übereinander gelegt, dargestellt. Ihre großelterlichen Wappen sind:

von Sampleben   von Rochow
von Thümen       von Hake


Als letzter dieser drei starb „anno 1604 den 13. November der edle gestrenge erenv. Otto von Thümen auf Waltersdorf und Gallun Erbsessen im 60. Jahr". Er wird in Ritterrüstung, die Hand am Schwert, den Helm zwischen den Füßen gezeigt. Seine vier Wappen sind:

von Thümen       von Hake
von Sampleben   von Rochow

Als einziger Grabstein steht heute in der Südostecke des alten Kirchhofs noch der Gedenkstein für C. L. Gottgetreu, gest. 1804.



 
 
 

Bild 29: Grabstein von C. L. Gottgetreu, gest. 1804

 
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