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Das 18. Jahrhundert

Chronik Waltersdorf

DAS 18. JAHRHUNDERT

1700 gehören zum Pfarrsprengel Waltersdorf außer Deutsch Wusterhausen und Schulzendorf auch Schmöckwitz.  *15)
Kirchenbücher sind in Waltersdorf ab 1701 vorhanden. Hier vermerkt Pfr. Gerkenius, dass am 12.01.1712 der Königliche Preußische „Ampts Cammer Rath Christoph Christian in der Kirche vor dem Altar begraben" wurde.  *16)
Er berichtet in einem Schreiben von 1713  *17) u.a., dass sein Vorgänger kein Kirchenbuch hinterlassen habe. Er führt in diesem Schreiben die Trauungen auf, die er in andern Schriftstücken seines Vorgängers gefunden hat, und zwar von 1691 bis 1713.

Im gleichen Jahr 1713 beantwortet er uns einige, leider nicht mehr bekannte Fragen „auf den allergestr. Königl. Befehl":

Dass er Prediger in Waltersdorf, der Mater und Bonsdorf, der Filia ist.
Als seine Vorgänger benennt er neben den auch hier Genannten in der Reformationszeit Michael Gollnow, „in einem Kirchenbuche 1578 aufgesetzt". Er wird hier nirgendwo genannt, kommt aber im Pfarrerbuch 1574 in Kleinschönebeck vor.
 *18) u. *7)

Die Inschrift seines Grabsteins ist uns überliefert:
„Kommt her, ihr Sterblichen! Hier ruhen ermüdete Priestergebeine des weiland ehrwürdigen und wohlgelehrten Herrn Friederici Alberti Gerkenii. Sie erinnern euch, euer Cap de bonne esperance sei das Grab. Als er 1663, den 6. Januar zu Schlalach geboren war, mühte er sich zwar, in das himmlische Gold - Indien mit vollen Segeln einzuschiffen. Aber die grausamen Sündenwinde waren ihm beständig contrair. Anno 1714, den 20. August, war er endlich glücklich und sein Leib war in den sicheren Hafen des Grabes verschlossen. Darum gehet hin, ihr Sterblichen, und vernehmet es: Euer Cap de bonne esperance ist das Grab."  *19)

Das Kirchenbuch berichtet, dass ein Soldat im Krug gestorben und am 25.08.1715 vom Dorfschulzen und der Gemeinde begraben wurde, ohne dem Prediger das Geringste dato zu sagen.  *19a)

Nur kurze Zeit ist Magister MARTIN HEISCHE Pfarrer in Waltersdorf von 1715 bis 1716. Seine Introduction wird dem „Consistorial-Raht Schnaderbach" aufgetragen.  *20)

Danach ist für einige Jahre Vakanz. Erst im Jahre 1718 wird der Pfarrer aus (Deutsch) Wusterhausen, CHRISTOPH DANIEL SCHULTZ, durch königlichen Befehl nach Waltersdorf berufen.
Sein Pfarrsprengel umfasst außer" Woltersdorf" auch „Schultzendorff",  „Schmockwitz" und „Bohnsdorff". Der Inspektor (= Superintendent) in Cölln wird ihn einführen, der Waltersdorfer Amtmann soll dabei sein.  *20)
Die Berufungsurkunde ist im Pfarrarchiv vorhanden.  *21)
Sein Sohn Friederich soll ihm „in officio adjungiren" (= im Amt unterstützen), da der Vater schon 59 Jahre alt ist. Damit der Pfarrer „nicht an vier Orten predigen dürfte, soll das Dorf Bohnsdorf nach Waltersdorf in die Kirche gehen".  *22)

Wir lesen im Kirchenbuch: "1717 am 14.05. Freitag vor Pfingsten ist Margaretha Ollmützen mit einem Huren-Sohn darnieder kommen... hat solches ihr Kind bald nach der Geburth jämmerlich ermordet, ist darauf in Verhaft genommen und nach Berlin gebracht worden, auch etliche Wochen hernach decollieret (= enthauptet) worden".  *23)
Pfarrer Schultz tritt seinen Dienst 1719 an und stirbt 1743 in Waltersdorf.
Sein erster Sohn Friedrich bleibt als Hilfsprediger in Waltersdorf, bis er 1734 Propst in Mittenwalde wird.  s.*7)
Nun wird sein zweiter Sohn Adjunctus (= Hilfsprediger) in Waltersdorf, bis auch dieser zum Propst in Mittenwalde berufen wird. Jetzt bittet der 76jährige Vater erneut  um einen Adjunctus und schlägt GOTTHILF MANASSE STOCKFISCH vor, der 1735 Pfarrer in Waltersdorf wird. Auch Pfr. Rücker / Lichtenrade bemüht sich um die Pfarrstelle Waltersdorf, aber die Gemeindeschulzen und Gerichtsschöppen von „Waldersdorf" und „Schultzendorff" verwenden sich für Pfr. Stockfisch, und er wird Pfr. Schultz’ Nachfolger.  *24)
Pfr. Stockfisch ist dort 37 Jahre bis 1772  im Amt und stirbt sieben Jahre später 1779 in Waltersdorf.
Er war seit dem 12.07.1735 mit Anna Sibylle Zennisch aus Zossen verheiratet.
Zu seiner Zeit wird das Läuten neu geregelt, wie es in den Pfarrakten ausführlich vermerkt ist (1741).

Im 18. Jahrhundert bestand das Einkommen der Pfarrer zum großen Teil aus Naturalien. Sie hatten Einkünfte aus Äckern und Holzungen, die zur Pfarre gehörten. Als um 1750 der damals noch vorhandene Pfarrhof in Schulzendorf wüst lag, musste sich Pfr. Stockfisch darum bemühen, die zwei Holzkaweln, die zur Pfarre Schulzendorf gehörten, nicht zu verlieren. Über Verluste an Pfarrland durch die Separation 1776 beschwerte sich Pfr. Stockfisch. Er darf nun nur noch 20 - 30 Schafe halten.  *25)
Im Jahr 1766 wird noch berichtet, dass „die Kirche in gutem Stand" ist.  *26)

Nachfolger des Pfarrers Gotthilf Manasse Stockfisch wird sein Sohn GOTTFRIED MANASSE STOCKFISCH.
Er wurde 1742 in Waltersdorf geboren, war von 1772 bis 1812 dort Pfarrer und seit 1773 verheiratet mit Katharina Becker aus Herrnstadt.

In alten Papieren der Familie Huck aus Waltersdorf wird ein Patenbrief aus dem Jahr 1785 genannt. In ihm wird die „Viel Ehr und Tugendsame Insonders Werteste Jungfer Muhme und Gevatterin" auf den 28. August 1785 um 11 Uhr in die hiesige Kirche zur Taufe des Töchterleins als Patin eingeladen und von ihrem „dienstwilligen Vetter und Gevatter Daniel Neuendorf " aus Oranienburg gebeten, sich danach „mit einem kleinen Taufmahl gütigst bedienen zu lassen". Adresse: „ Der Viel Ehr und Tugendsamen Jungfer Anna Lowise Ballern, Meiner wertesten Gevatterin zu Woltersdorf hinter Berlin, pr. (= bei): K. Wusterhausen. Abzugeben an den Huf- und Waffenschmied Meister Ballert".  *26)

Im so genannten Wöllnerschen Religionsedikt 1788 und ebenso in der Anweisung zur gewissenhaften Amtsführung 1794 werden die Pfarrer ermahnt, die Missbräuche der Aufklärung in allen Bereichen ihrer Tätigkeit abzustellen und in ihrer Amts- und Lebensführung treue Haushalter über Gottes Geheimnisse (1. Kor.4,1) zu sein.

Das 18. Jahrhundert ist nicht nur das Jahrhundert der langen Predigten, die durch die Sanduhren auf den Kanzeln eingeschränkt werden sollten – es ist auch das Jahrhundert der Edikte.


EDIKTE DES 18. JAHRHUNDERTS

Im Pfarramt Groß-Machnow ist eine große Anzahl von ihnen aus den Jahren 1713 bis 1801 gesammelt worden. Von ihnen liegt ein fast vollständiges Verzeichnis vor.
Herr Pfarrer i.R. Balke hat mir dankenswerterweise viele von ihnen als Kopien zur Verfügung gestellt. Was da alles (mehrmals!) von allen Kanzeln verlesen werden sollte!
Wir können uns heute darüber nur wundern und staunen:

  • Da geht es z.B. um eine vierteljährliche Kollekte für Freitische an der Universität Halle (1713).

  • Um Verhütung von Feuersgefahren (1723).

  • Dass der Sabbath (= Sonntag) geheiligt werden soll (1725, 1732).

  • Dass Zigeuner, die im Lande angetroffen werden, ohne Gnade mit dem Galgen bestraft werden sollen (1725).

  • Dass keine hölzernen Schuhe oder Pantoffeln getragen werden dürfen (1726 – damit das Schuhmacher-Handwerk mehr verdiente).

  • Das Gesinde soll gehorsam sein und sich nicht selbständig machen (1731).

  • Es soll im Gottesdienst das Evangelium nicht mehr gesungen, sondern gelesen werden, Leuchter und Lichter vom Altar genommen und die Casel (= liturgisches Gewand) weggelassen werden. Casel und Chorrock seien „Überbleibsel aus dem Papstthum" (1732).

  • Der Gebrauch von Catun wird generell verboten (1734 - Catun war billige Importware. Das heimische Tuchmacher-Gewerbe sollte dadurch gefördert werden).

  • Es dürfen keine Glaswaren und andere ausländische Waren importiert werden (1736, 1765).

  • Schulpflicht ist im Winter täglich, im Sommer 1-2 Mal in der Woche (1736).

  • Luthers Katechismus soll gelernt und an den Sonntag-Nachmittagen unterrichtet werden (1737).

  • Der Abendmahlswein darf nur vom Pfarrer eingegossen werden (1737).

  • Er soll sparsam angeschafft werden. Was übrig bleibt, soll an Arme und Kranke gegeben werden (1738).

  • Die Kandidaten der Theologie müssen mindestens 25 Jahre alt sein (1738).

  • Wegen verschiedener Unsitten und Missbräuche am Heiligen Abend finden keine Gottesdienste statt. Die Kirchen werden nachmittags geschlossen! (1739)

  • Ausrottung der Krähen und Spatzen mit festgelegtem Ablieferungssoll (1744).

  • Die Beschädigung von Maulbeerbäumen, die für die Seidenraupenzucht wichtig waren, deren Aussaat, Anzucht und Pflege war der Inhalt vieler Edikte.

  • Es sollen hinfort folgende Feste gefeiert werden: Die drei Hauptfeste, dazu die vierteljährlichen Bußtage; Gründonnerstag, Karfreitag, Himmelfahrt und Neujahr.  Michaelis (29.09.) und Dreikönigstag (06.01.) werden auf den kommenden Sonntag gelegt, alle weiteren Festtage gestrichen (1754).

  • Vorsichtsmaßnahmen gegen Pocken (1768) und Pest (1770) werden angeordnet.

  • Die Amtsführung für evangelische Prediger (1794).

  • Freudige und traurige Ereignisse im Königshaus mit Aufforderung zur Fürbitte, auch Generalpardon für Deserteure und vieles andere mehr waren der Inhalt dieser Bekanntmachungen, die interessante Streiflichter zur allgemeinen Geschichte und zum kirchlichen Leben damals abgeben.


Für weitere Ausführungen fehlt hier der Raum. *26b)



 
 
 

Bild 33: Zigeuner-Edikt, 1725

 
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