Das 20. Jahrhundert - gaendrich

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü

Das 20. Jahrhundert

Chronik Waltersdorf

DAS 20. JAHRHUNDERT

1901 wird eine Mauer von der Hausecke des Pfarrhauses bis zum Nachbargrundstück Rühle in der Diepenseer Straße errichtet, die etwa 90 Jahre gestanden hat.
Das Pfarrhaus wird 1902 erneut baufällig und erneuerungsbedürftig genannt.  *72)
In der Mitte des Kirchenschiffes senkt sich der Fußboden. Das Gewölbe darunter ist auf seine Sicherheit zu überprüfen (1904). Der Turm muss neu verfugt und die Verankerung der Westwand ergänzt werden.
1904 wird Pfr. Richter für treue Dienste mit dem Roten Adlerorden vierter Klasse ausgezeichnet.  *73)
Als er 1908 stirbt, wird Pfr. PAUL NIENDORF sein Nachfolger. Er war vorher Pfarrer in Trebatsch und war verheiratet mit Miluschka Lorenz. Ehe er am 01.03.1909 seinen Dienst antritt, wird das Pfarrhaus gründlich renoviert.  *74)

Etwa um diese Zeit werden eine neue Abendmahlskanne und ein Ciborium (Gefäß für die Oblaten) angeschafft.


 

Bild 41: Abendmahlskanne

Bild 42: Ciborium

 


Der Klingelbeutel, der bis dahin im Gottesdienst durch den Küster herumgereicht wurde, wird 1908 abgeschafft und durch Büchsen ersetzt, die an den Kirchentüren angebracht werden.  *75)
Eine lange Sammelliste nennt die Spender, die ihren Beitrag zur Renovierung der Kirche gaben. Es kamen 2378 M zusammen.  *76)

1911 wird die Elektrifizierung der Kirche in Angriff genommen. Der eine Kerzenleuchter soll umgerüstet und eine zweite „Kirchenkrone" angeschafft werden.
Auch für das Pfarrhaus liegt ein Kostenvoranschlag über 258,25 M vor. (s. Pfarrakten Nr. 51)
Zusammen mit der Kirchenrenovierung wird 1913 der Einbau einer Luftheizung genehmigt.  *78)

Am 12.12.1913 wurde die renovierte Kirche feierlich wieder in Dienst genommen, nachdem während der Bauarbeiten 18 Wochen lang die Gastfreundschaft der Kirchengemeinde Schulzendorf in Anspruch genommen worden war. Das Kirchenfundament musste freigelegt werden: Hunderte von Fuhren Erde mussten vom Kirchhof abgefahren werden, bis der Sockel der Kirche wieder sichtbar war.
Eine Reihe von Veränderungen werden im Artikel des „Teltower Kreisblattes" vom 16.12.1913 erwähnt: „Die Seiteneingänge sind verschwunden. Bisher ging man vier Stufen in die Kirche hinab. Die Empore wurde gekürzt. Zwei prächtige bleiverglaste Fenster im Chor wirken äußerst ansprechend... Der Altar ist ein Wunderwerk im Kleinen... Einige geschnitzte Teile stammen aus den niedergelegten Treppenstufen der Schloßfreiheit... aus dem Jahr 1678".  *79)
Den Mittelpunkt bildete ein Christusbild mit Dornenkrone, Purpurmantel und Rohr.

 

Bild 43: Altarbild 1913 - 1966

 


Die Bänke standen nun rechts und links von einem neu geschaffenen Mittelgang. Sie wurden von Tischlermeister Regler / Kienberg angefertigt. Die Orgel wurde von der Emporenbrüstung zurückversetzt.  *80)  
Maler Sandfort hat die Kirche „mit reicher Malerei" geschmückt  *81)
Eine neue Heizung sollte vorn die kalte Luft absaugen, diese mit einem Ofen im Turmbereich erwärmen und auf der Empore austreten lassen. Der Effekt im Kirchenschiff war minimal, nur auf der Empore war es warm. Das Fußbodengitter in der Südwestecke des Chores, das zu dieser Heizung gehört, wird bis heute für den Eingang zum sagenhaften unterirdischen Gang gehalten, den manche alten Waltersdorfer vom heute abgerissenen Gutshaus her betreten haben wollen. Der Eingang sei angeblich 1905 zugemauert worden.  *82)
Von der Kirche her ist nichts von diesem Gang zu finden, nur „Reste von Profilsteinen in der Nordwestecke des Turmes" sind angebliche Anhaltspunkte für ihn.  *83)
Grabungen in geringem Umfang haben zu keinem Ergebnis geführt.
Drei gute Fotos, entstanden nach 1913 (eins von außen, zwei von innen), die mir von Frau Martha Noack geschenkt wurden, geben den Zustand aus dieser Zeit wieder.
Folgende Information hat mir die Lehrerin Elsa Giebel / Siedlung Waltersdorf vor langer Zeit gegeben:
„Notiz an der alten Orgel, 1923 abgebrochen: Verfertigt mit der Mahler Arbeit v. Joseph Gerlach 1754, den 17.July."
Ihre Herkunft ist unbekannt.   *83a)

1926 wurde mit der Glockengießerei Franz Schilling / Apolda ein Vertrag über die Lieferung von drei Bronzeglocken abgeschlossen. Die große Glocke mit dem Ton „g" wog 658 kg, die mittlere mit dem Ton „b" war 375 kg schwer, die Betglocke mit einem Durchmesser von 87 cm, einem Gewicht von 175 kg und dem Ton „d" trägt den Spruch: „Dringt die Betglock an dein Ohr, heb dein Herz zu Gott empor."  *83b)
Von diesen drei Glocken ist heute nur die kleinste geblieben und ruft zu Gottesdienst und Gebet.

Bild 44: Kirche nach 1913

Bild 45: Kirche nach 1913, Blick nach Osten

Bild 46: Kirche nach 1913, Blick nach Westen


1929 stirbt Pfr. Niendorf nach 20 Waltersdorfer Dienstjahren. Von seinem feierlichen Begräbnis mit einer sehr großen Trauergemeinde, mit Krieger- und Turnverein, Konfirmanden, vielen Geistlichen sowie dem Männer- und Kirchenchor wird uns berichtet.  *84)
Die neue Pfarrscheune auf dem Pfarrhof wird 1929 fertig.

Ehe Pfr. HEINRICH OTTO HANS REHFELDT als Nachfolger von Pfr. Niendorf einzieht, wird das Pfarrhaus gründlich renoviert und eine Abwassergrube angelegt. Pfr. Rehfeldt war vorher Pfarrer in Niederlehme. Er amtierte hier bis zu seinem plötzlichen Tode 1935. Auf dem Friedhof war sein Grabstein zu finden.
Um diese Zeit wird die Chaussee Berlin - Königs Wusterhausen begradigt. Bis dahin bog die Straße an der Friedenseiche (gepflanzt 1871) nach links in Richtung Schulzendorf und an der Alten Schule und am Kaufladen Ninnemann wieder scharf nach rechts ab. Das ehemalige Grundstück der Schmiede Huck neben dem Pfarrgrundstück wurde für die Begradigung der Chaussee benutzt.  *85)  
Vom ehemaligen Schmiedegrundstück blieben das heutige Dreieck in der Dorfmitte und ein Stück Garten südwestlich der neuen Straße übrig.

Nun wird HERBERT SCHNEIDERMANN Pfarrer in Waltersdorf. Er hat hier seine erste Pfarrstelle von 1936 bis 1939. Es ist eine kurze, gesegnete Dienstzeit, in die die „Entdeckung" der drei Altarteile fällt, die Pfr. Schneidermann auf dem Kirchboden findet, von Prof. Thol restaurieren und sie dann auf dem Sims des Amtsgestühls im Chor der Kirche aufstellen lässt. Wir haben von der Arbeit Prof. Thols keine Unterlagen. Wir wissen also nicht, was und wie viel er an den Figuren ergänzt bzw. zugefügt hat. Die ornamentale Bemalung der Gewänder der gotischen Figuren ist sicher sein Werk. Hier auf dem Sims haben diese sehr wertvollen Altarteile den Krieg und die Nachkriegszeit gut überstanden.

Bild 47: Pfarrer Schneidermann mit Konfirmanden, 1939

Bild 48: Ansichtskarte aus Waltersdorf, um 1940, oben links: Kriegerdenkmal, unten links: Kolonialwaren M. und W. Ninnemann, rechts: Kirche

Bild 49: Pfarrer Fahrenholz


In den Kriegsjahren ist AUGUST PHILIPP FAHRENHOLZ Pfarrer in Waltersdorf gewesen. Er stammte aus Berlin und ist zum 01.10.1940 zum Pfarrer berufen. Er wurde am 29.10.1939 in der Waltersdorfer Kirche von Pfr. Werner, dem stellvertretenden Superintendenten, ordiniert. Pfr. Werner beantragt für ihn Urlaub zu seiner Einführung ins Pfarramt. Er ist zu dieser Zeit Soldat. Sein Pfarrgehalt betrug 329,50 RM.
Wohl aus seiner Zeit existiert eine Ansichtskarte.

1943 gerät Pfr. FAHRENHOLZ in amerikanische Kriegsgefangenschaft, wo er seine antinationalsoziaistische Einstellung stets bekundet, auch wenn sie ihm Anfeindungen einbringt. Dies wurde ihm von zwei Mitgefangenen bezeugt.  *85a)

Er wird 1948 entnazifiziert, aber zu dieser Zeit ist er nicht mehr Pfarrer in Waltersdorf, sondern seit 1945 ist es Pfarrer lic. Sup. a. D. OSCAR FOELLMER, der die Pfarrstelle bis 1950 innehat.

Pfr. Foellmer bemüht sich von 1946 an um die Instandsetzung der Orgel:
Die Firma Seibert in Zeuthen hat keine Zeit dafür. Firma Schuke / Potsdam baut eine Pedallade in die Orgel ein, die für 10 Ctr. Kartoffeln! (= 200 M) repariert wird. Die Transportschwierigkeiten sind 1947 enorm:

Zwei Mal fährt ein mühsam gemieteter LKW vergeblich nach Potsdam. Ein Mal, weil wegen Kohle - Sparens das Büro der Firma Schuke am Sonnabend geschlossen ist, und ein Mal, weil die Büroklingel wegen Stromsperre nicht funktioniert! Es gibt einen Beschwerdebrief an die Firma Schuke. Schließlich beträgt die Orgel - Rechnung ca. 1000,- M mehr als geplant. Sie kann nur bezahlt werden, weil das Konsistorium der Kirchengemeinde die Umlagen, die eigentlich an das Konsistorium gezahlt werden müssen, erlässt. *86)

 

Bild 50: Pfarrer Foellmer mit Konfirmanden, 1947

 


Auf zwei Bildern von Trauungen aus der Nachkriegszeit sehen wir die Altarschschranken, die alten Altarteile auf dem Gesims des Patronatsgestühls und auf einem (1948) noch die Reste der alten Bleiverglasung im Südfenster.

 

Bild 51: Trauung Damm, 1948

Bild 52: Trauung Ehrhard, 1951

 


Pfr. Foellmer schildert in einem Brief an das Ev. Hilfswerk, in dem er um eine Baubeihilfe bittet, den Zustand der Kirche:
Eine Luftmine hat gegen Ende des Krieges die Nordseite des Kirchendaches abgedeckt, die vier Fenster der Nordseite eingedrückt  und die der Südseite beschädigt. Sie wurden mit Brettern geschlossen, das Dach notdürftig gedeckt. Aber Regen und Schnee dringen in die Kirche, der Bau droht ernsthaften Schaden zu nehmen. Dach und Fenster müssen unbedingt bald instand gesetzt werden. Mit den erhaltenen Baubeihilfen (1000,-M vom Ev. Hilfswerk, 500,-M vom Konsistorium) und eigenen Mitteln beginnt er die Instandsetzung des Daches.
1950 werden „in Anbetracht des außergewöhnlich verwohnten Zustandes des Pfarrhauses", in dem auch Flüchtlingsfamilien untergebracht waren, und „mit Rücksicht auf die bevorstehende Wiederbesetzung der Pfarrstelle Waltersdorf I „weitere 2000,-M überwiesen.  *87)
Für kurze Zeit gibt es um 1950 eine Pfarrstelle Waltersdorf II, die Pfr. FRITZ BEWERSDORF innehat. Er wird dann der erste Inhaber der neu gegründeten Pfarrstelle Schulzendorf.  
Gesuche um finanzielle Unterstützung bei staatlichen Stellen für die Instandsetzung der Kirche in Waltersdorf werden nicht beantwortet bzw. nicht genehmigt.
So wird während der Dienstzeit von Pfr. HEINZ RIETSCHEL, der von 1950 bis 1956 hier Pfarrer ist, die Kirche weiter instand gesetzt:
Im Altarraum und an der Nordseite der Kirche werden 1951 neue Fenster eingesetzt, die eine größere Unterteilung als die restlichen Fenster besitzen. Alle Fenster werden gestrichen. In sechs Monaten werden 800,- DM an Opfern für den Kirchbau gesammelt. Das Konsistorium spricht dem Gemeindekirchenrat seine Anerkennung aus, weil der sich um die vollständige Wiederherstellung der Kirche bemüht.  *88)

Nachfolger von Pfr. Rietschel wird Pfr. Sup. a. D. GEORG FEIX, der aus Möhrenbach in Thüringen hierher kommt und von 1957 bis 1963 in Waltersdorf Pfarrer ist.
1957 wird die Kirchengemeinde Alt-Schulzendorf in die Pfarrstelle Waltersdorf eingegliedert. Als Pfr. Reinhold Wetzel / Kiekebusch 1959 in den Ruhestand geht, wird die Pfarrstelle Kiekebusch aufgeteilt. Zu den beiden Predigtstätten Waltersdorf und Alt-Schulzendorf kommt nun Kiekebusch hinzu.
Diese drei Kirchengemeinden bilden jetzt den Pfarrsprengel Waltersdorf.



Bild 53: Pfarrer Rietschel mit Konfirmanden, 1952

Bild 54: Pfarrer Feix mit Konfirmanden, 1961

Bild 55: Pfarrer Gändrich mit Konfirmanden, 1965


Als Pfr. Feix 1963 nach Kurhessen - Waldeck zieht, wird Pfr. FRITZ–JOACHIM GÄNDRICH, bisher Pfarrer in Wildau-Wentdorf / Nieder-Lausitz, zum Pfarrer von Waltersdorf gewählt.
Die erste Frage, die ihm von einem Kirchenältesten bei der Vorstellung gestellt wird, lautet: „Wie lange gedenken Sie, hier zu bleiben?" – Eine schockierende, aber sehr berechtigte Frage aus verantwortungsvollem Munde, nachdem die letzten sechs Vorgänger höchstens sechs Jahre in Waltersdorf geblieben waren.
Am Karfreitag 1963 beginnt Pfr. Gändrich seinen Dienst.
Am ersten Ostertag werden vier Taufen, zwei in Waltersdorf, zwei in Kiekebusch gefeiert. Mitte April zieht er mit seiner Frau Anneliese und zwei Töchtern ins Pfarrhaus ein.

Ein Gemeindeausflug nach Meißen und Moritzburg, ein zweiter ins Schlaubetal finden gute Beteiligung im Pfarrsprengel.
Die Christenlehre wird im Mai wieder aufgenommen. Die regelmäßige Unterweisung der Schulkinder findet nach Schulschluss im Pfarrhaus statt und wird von vielen Kindern besucht.
Auch zum zweijährigen Konfirmanden - Unterricht werden alljährlich Jugendliche angemeldet. Die Konfirmations-Gottesdienste sind in jedem Jahr Höhepunkte des Gemeindelebens.

Die Junge Gemeinde trifft sich zum ersten Mal am 20.6.1963 im Pfarrhaus. Wöchentlich sind nun die jungen Leute beisammen,  öfter auch mit andern Jungen Gemeinden der Umgebung.
Die neue Liturgie nach dem Gesangbuch von 1951 wird sonntäglich geübt und eingeführt. Ab Oktober findet regelmäßig nach dem Hauptgottesdienst ein gut besuchter Kindergottesdienst um 11:30 Uhr statt. Dazu wird der Hauptgottesdienst auf 10:30 Uhr vorverlegt.

Für Kinder und Erwachsene gibt es mehrmals im Jahr Missionsnachmittage bzw. -abende, die große Beteiligung finden. Auch die Friedhofs - Andacht am Sonnabend vor dem Ewigkeitssonntag wird eingeführt und angenommen.
Jährlich wird ab Oktober mit den Christenlehrekindern ein Krippenspiel eingeübt und am 4. Adventssonntag in der Kirche aufgeführt. Außer den Texten lernen die Kinder dazu viele Lieder auswendig.
Der Opfergroschen, eine freiwillige Sammlung, von der ein Teil in der Gemeinde bleibt, wird eingeführt. Die Gemeinde lässt sich einladen und kommt zu den Gottesdiensten und sonstigen Veranstaltungen. Es gibt eine größere Zahl von sehr treuen Gottesdienstbesuchern. Die sonntäglichen Kollekten sind nicht hoch. Aber wenn zu besonderen Sammlungen aufgerufen wird, kommen erfreulich hohe Summen zusammen. So sind es im Januar 1964 z.B. 702,50 M bei der Sammlung „Brot für die Welt", die von 1963 an regelmäßig zu Weihnachten durchgeführt wird, und für die vom Gemeindekirchenrat beschlossene Kirchrenovierung sind es 1921,42 M!
Die von Pfr. Arndt (1835-1844) zitierten „braven Waltersdorfer" gab es zu dieser Zeit immer noch.

Im Januar 1964 werden zum ersten Mal die Abende der Bibelwoche durchgeführt und dann die Passionsandachten wöchentlich gehalten. Diese Abendveranstaltungen werden von nun an alljährlich angeboten. Zwei Vorstellungen des Farbtonfilms „Albert Schweitzer" im Pfarrhaus sind ausverkauft. Die Sammlung zu Ostern 1964 für den Kirchbau erbringt 3323,93 M.
Zum Kreiskirchentag wird nach Königs Wusterhausen eingeladen. Beim Missionsnachmittag und -abend 1964 berichtet Gerda Büge von ihrem „Besuch in der Kirche des neuen China". Dabei führte sie der „Zufall" in die Stadt, in der sie vor ihrer Ausweisung aus der Volksrepublik als Missionarin der Berliner Mission tätig war.

Es ist jedes Mal schwierig, Sammler für die zwei Mal im Jahr stattfindenden Straßensammlungen zu finden, aber es erklären sich dann doch immer wieder Gemeindeglieder dazu bereit, die dann auch in den Häusern sammeln, was in der DDR streng verboten war.
Zu Silvester 1964 sind die Dachziegel für die Kirche eingetroffen. Kann es nun losgehen mit dem Kirchbau? Es sollte – so hatte der Gemeindekirchenrat 1963 beschlossen – keine große Reparatur werden: Das Dach sollte „nur" umgedeckt, der Fußboden repariert, der Deckenputz ausgebessert, eine neue Beleuchtung installiert werden, und dann sollte der Maler kommen.  *89)
Zurzeit bot die Kirche einen wenig einladenden Anblick von innen: Sie war stark verschmutzt, der Putz teilweise herab gefallen; weil das Dach schadhaft war, war die Decke an vielen Stellen morsch, Anobien und Schwamm hatten ihr Zerstörungswerk begonnen. Auch Kanzel und Fußboden waren teilweise stark zerfressen.
Im Frühjahr 1965 kamen weitere 1000,-M für den Kirchbau durch Umschlagsammlungen zusammen.
Die Christenlehrekinder der umliegenden Gemeinden wurden zu Kinderbibeltagen nach Eichwalde eingeladen. Diese erfreuten sich bei den Kindern großer Beliebtheit und wurden alljährlich durchgeführt. Der diesjährige Gemeindeausflug führte uns in den Spreewald. Die Jungen Gemeinden versammelten sich trotz vieler Gegenpropaganda zahlreich zum regelmäßigen Achtwochentreff unter Leitung des Kreisjugendwartes Fritz Müller. Die Frauen des Kirchenkreises begegneten sich im Frühjahr und im Advent zu ihren großen Treffen, die mit einem Gottesdienst um 12 Uhr begannen und an der Kaffeetafel fortgesetzt wurden.
Alle Gemeindeglieder waren eingeladen, sich mit vielen andern Christen zum Regionalkirchentag in Frankfurt / Oder zu treffen, und ein voller Bus fuhr aus dem Pfarrsprengel dorthin. Es war für alle eine Stärkung des Glaubens und der Hoffnung in der Zeit der Gleichgültigkeit und des Abfalls.
Im Juli 1965 begannen die Dachdecker endlich ihre Arbeit an Turm, Chor und Apsis. Kräftige Männer aus der Gemeinde luden den Ziegelschutt im September auf Anhänger und fuhren ihn ab.
Auch aus Waltersdorf besuchten sie den Kreismännersonntag in Zeuthen und später an andern Orten.
Im Vorraum unserer Kirche gab es eine kleine Bibelausstellung zum Reformationstag: Gottes Wort in vielen Sprachen, in alten und modernen Ausgaben und Übersetzungen.

Auch in der Siedlung Waltersdorf, der früheren AEG-Siedlung, begannen 1966 die Andachten bzw. Bibelabende für Erwachsene zunächst im Kulturraum der Siedlung, später in Privaträumen. Ebenso wurden die Kinder aus der Siedlung und dem Vorwerk Waltersdorf eingeladen und unterrichtet.
Außer den im Vorjahr erstmalig durchgeführten Abenden (Bibelstunden, Bibelwoche, Missionsveranstaltung, Advents- und Passions-Andachten) wurde zu Singetagen mit Landessingwart Volker Ochs eingeladen.
Auch in der Siedlung Hubertus wurden die Kinder zur Christenlehre und die Erwachsenen zum Gemeindeabend in Privaträumen gesammelt.
Drei Tage waren die Christenlehrekinder zu ihren Bibeltagen ins Waltersdorfer Pfarrhaus eingeladen, den Abschluss bildete der Kinderkirchentag zu Himmelfahrt 1966 in Eichwalde.
Auch in diesem Jahr erbrachte das Osteropfer eine erfreuliche Summe für den Kirchbau.

Zum Erntedankfest 1966 feierten wir zum letzten Mal für längere Zeit Gottesdienst in der Kirche.



 

Bild 56: Letzter Gottesdienst vor der Renovierung Erntedankfest, 1966

 

Erneute Untersuchungen des Dachstuhls im Schiff 1966 hatten nämlich ergeben, dass der Schädlingsbefall so stark war, dass eine Reparatur ausgeschlossen werden musste. Die Deckenbalken hingen ca. 15 cm durch und mussten ersetzt werden. So wurde am 15.10.1966 das Schiff gänzlich leer geräumt und die Bänke im Chor gestapelt und zugedeckt. Da wieder viele halfen, war die schwere Arbeit bald beendet. Nun wurde die Putzdecke mit ihren total morschen Brettern abgestoßen und dann der gesamte Dachstuhl des Schiffes abgetragen.
Die Kirche sah für einige Zeit wie eine Ruine aus!

Wenn man am Altar stand, sah man den Turm in seiner vollen Höhe (siehe Bild 60).
Anfang November wurde der Schutt mit Schubkarren aus der Kirche gefahren. Wieder waren viele Männer fleißige Helfer. Dabei geschah es, dass Pfr. Gändrich in einen sechs Meter tiefen Brunnen stürzte und dort einen Meter tief im Wasser stand. Die Stoltediele, auf der er gestanden hatte, war angebrochen gewesen und mit ihm in die Tiefe gefallen. Mit Hilfe einer Leiter konnte er wohl behütet aus Wasser und Staub wieder emporklettern.
Der Brunnen in der Nordwest - Ecke des Schiffs erregte großes Aufsehen. Er wäre einmalig in ganz Deutschland – wenn er alt gewesen wäre!  Aber die herbeigeeilten Mitarbeiter des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam stellten tief enttäuscht fest, dass dieser Brunnen, der aus Betonringen (!) bestand, frühestens aus den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts stammen könne.
Und so war es auch, wie ich später erfuhr: Um diese Zeit hatte ein Wünschelrutengänger in der Kirche angeblich an dieser Stelle einen Schatz geortet. (Auch im Pfarrgarten hat er angeblich einen gefunden!) Mit Hilfe von Betonringen drang man für viel Geld an der bezeichneten Stelle in die Tiefe – vergeblich!
Dies alles ist kein Märchen! Heute ist der Brunnen zugeschüttet.

1967 kamen bei der Umschlag - Sammlung wieder 812 Mark für den Kirchbau zusammen. Das Ev. Konsistorium schrieb: „Wir sind erfreut über die große Opferbereitschaft der Gemeinde."  Viele treue Gottesdienstbesucher waren es, die den größten Teil dieser Opfer aufbrachten. Aber außer den Spenden aus der Gemeinde und den Beihilfen des Ev. Konsistoriums kamen auf verschlungenen Wegen auch bedeutende Beiträge aus der Partnergemeinde Stolberg uns sehr gelegen, so genannte Lohengrin-Gelder („Nie sollst du mich befragen").

Viele waren es, die immer wieder Hand anlegten, wenn Hilfe nötig war. Die Männer der Landwirtschaftlichen Produktions-Genossenschaft (LPG) halfen beim Schuttabfahren, und als aus Münchehofe Feldsteine geholt werden mussten, fuhr sogar der Volkspolizist mit.


Bild 57: Blick in den Chor, 1966

Bild 58: Kirchenschiff ohne Dachstuhl, 1967

Bild 59: Aufzug für den Beton

Bild 60: Blick vom Chor zum Turm

Bild 61: Der neue Dachstuhl

Bild 62: Der neue Dachstuhl, Blick nach Nordwest


Wenn man im Frühjahr 1967 das Kirchenschiff betrat, glaubte man in einem Wald zu stehen: Dicht bei dicht standen die sechs Meter hohen „Bäume", die die Schalung für die fünf Betonträger trugen, die nach dem Bauprojekt die Deckenbalken ersetzen sollten. Jeder von ihnen ist ca. 80 cm hoch und wiegt 4t. Ein Aufzug beförderte die Betonmischung nach oben.
Die Deckenbalken wurden von der Firma Kutschki / Eichwalde gegossen.

Nun blieb die große Frage: Woher bekommen wir die Dachbalken? Bauholz beim Staatlichen Bauamt für einen Kirchbau zu bekommen, war in dieser Zeit absolut unmöglich.
Aber da tat sich - es war wie ein Wunder – doch eine Möglichkeit auf: In Niederlehme gab es eine Firma, die alte Spreekähne abwrackte. Hier bekam ich die Balken, die sonst nirgendwo aufzutreiben waren, jahrelang gegen alle Schädlinge behandelt, für billiges Geld!
Aber die nächste Schwierigkeit tauchte gleich auf: Wie konnte man so langes Holz nach Waltersdorf bekommen? Ein „Nachläufer" wurde gebraucht, d. h. ein Transportwagen für extra lange Balken. Lange musste ich suchen, fragen und telefonieren, bis endlich alles Holz auf dem Pfarrhof lag. Hier wurde der Dachstuhl probeweise von der Firma Kutschki aufgebaut und dann erst an Ort und Stelle errichtet.
Am 22.10.68 war es soweit: Die Richtkrone wurde hochgezogen. Gemeinsam hörten alle auf den Anfang von Psalm 127: „ Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen…


 

Bild 63:Die Richtkrone wird hochgezogen

Bild 64: Richtfest am 22.10.1968

 


Die übliche Gemeindearbeit mit den Gottesdiensten im Pfarrhaus, der Christenlehre, dem Konfirmanden-Unterricht, der Frauenhilfe, den Gemeindeabenden und Unterrichtsstunden in den Siedlungen Waltersdorf und Hubertus ging weiter. Die Konfirmations-Gottesdienste fanden in diesen Jahren des Kirchbaus in Alt-Schulzendorf oder Kiekebusch statt, wo sich ebenfalls die Gemeinden zu regelmäßigen Gottesdiensten und Abendveranstaltungen versammelten.

An der Kirche gingen die Arbeiten weiter: Das Dach des Schiffs konnte gedeckt und die Decke aus Hartfaserplatten von den Zimmerleuten der Firma Kutschki 1968 eingebaut werden. (An eine Holzdecke konnte man leider nicht denken.)
Die Elektriker der Firma Preuß / Eichwalde installierten die neue Beleuchtung, die aus zehn Pendelleuchten bestand. Die Anlage der Infrarot-Bankheizung wurde vorbereitet. Zum Aufräumen des Kirchhofes am 31.05.69 waren wieder viele fleißige Helfer bereit.
Es dauerte längere Zeit, bis der neue Altarblock errichtet war. Herr Lothar Lehmann mit seinen Kollegen Herrn Oder und Herrn Löhnwitz nahm sich 1970 dieser Arbeit an. Er allein stand danach viele Stunden seiner Freizeit und seines Urlaubs auf dem Gerüst, bis der Innenputz der Kirche fertig war.
Eine neue Treppe zur Empore wurde von Meister Petschulat / Schulzendorf gefertigt. Die Bänke für den einen Gestühlsblock in der Mitte des Schiffs wurden aus den vorhandenen Kirchenbänken durch Stellmachermeister Noack / Waltersdorf zusammengesetzt und 1970 von vielen fleißigen Helfern imprägniert. Der Malermeister Lehmann / Zeesen konnte den ersten Teil seiner Arbeit vollenden. Jetzt sah die Kirche hell und freundlich aus! Viele fleißige Hände halfen wieder einmal beim Aufräumen.

1971 stellte Meister Noack das Holzpodest auf, auf dem die Bänke montiert werden sollten. Nun konnte um das Podest herum der Betonfußboden gegossen werden. Mit dem Rest des angelieferten Betons wurde vor dem Eingang eine Platte hergestellt.
Die Nordseite des Kirchhofes wurde durch viele Helfer vom Gestrüpp befreit.


 

Bild 65: Aufräumarbeiten um die Kirche

Bild 66: Aufräumarbeiten auf dem Kirchhof

 


1972 vollendete der Malermeister Lehmann seine Arbeiten in der Kirche. Die neue Kanzel und die Altarplatte aus Eichenholz wurden von Meister Nischan / Münchehofe angefertigt.
Viele fleißige Kinder- und Erwachsenenhände strichen den Podest und die Kirchenbänke, scheuerten die Kirche, putzten die Fenster, räumten den Kirchhof und die Straßenfront auf und erneuerten mit Hilfe von einer Fuhre Kies den Hauptweg zur Kirche.

 

Bild 67: Der neue Altar, 1972

Bild 68: Kaffeetafel anlässlich der Kircheinweihnung 16.07.1972

 


Für die drei alten Altarbilder, die bisher auf dem Sims des Patronatsgestühls im Chor gestanden hatten, wurde von Meister Noack ein gemeinsamer Holzrahmen mit Predella hergestellt, der durch eine Eisenkonstruktion von Schmiedemeister Miekoleit / Kiekebusch gehalten wurde.
Dieses neue Altarbild gestaltete zusammen mit dem alten Taufstein und der neuen Kanzel den Chor. Die drei Apsisfenster waren von Glasermeister Krüger / Schulzendorf bleiverglast worden.
Zwei neue Kokosläufer für das Schiff, vier neue Messingleuchter sowie mehrere Vasen, besorgt in der kirchlichen Beschaffungsstelle in Magdeburg, vervollständigten das Bild der neuen Kirche, die am 16. Juli 1972 feierlich wieder in Dienst genommen wurde.
Sehr viele Gäste aus den Nachbargemeinden, auch aus der CSSR und Polen versammelten sich mit den Gliedern der Ortsgemeinde zum Festgottesdienst.
Beim Vorspiel der Posaunen zogen die Kinder, die Ältesten und Pfarrer in die Kirche ein. Kinder und Älteste trugen die Altardecke, Leuchter, Vasen, Lesepult und Bibel zum ungedeckten Altar. Alle Gegenstände wurden feierlich durch Superintendent Corbach / Eichwalde und Pfr. Lauschus / Miersdorf in Dienst genommen. Der Chor sang  „Danket dem Herrn", die Gemeinde antwortete unter Posaunenbegleitung mit dem Lied „Großer Gott, wir loben dich". Im Wechsel zwischen Pfr. Balke / Groß-Machnow und den Kindern wurde Psalm 47 gebetet. Der Kinderchor sang die Eingangsliturgie, der Kirchenälteste Herr Tschentscher las die Epistel. Nach dem Lied „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut" las Pfr. Bewersdorf das Evangelium. Nun wurde die Kanzel durch Sup. Corbach und Pfr. Scheel / KW in Dienst gestellt, auf der dann Generalsuperintendent Schmitt die erste Predigt zu Apg. 4, 32-35 hielt. Nach dem Lied „Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herren" dankte Pfr. Gändrich all den vielen Menschen, die mitgeholfen hatten, dass diese Kirche nun wieder so schön geworden war. Zur Bankkollekte wurde das Lied „Sonne der Gerechtigkeit" gesungen. Nach den Fürbitten und dem Vater Unser sang der Chor „Nun lasst uns Gott dem Herren Dank sagen". Mit dem Segen, dem Lied „Nun danket alle Gott" und dem Posaunennachspiel ging dieser Festgottesdienst zu Ende.

Bei schönem Sonnenschein saßen viele Gäste anschließend im Pfarrgarten bei Kaffee und vielem selbstgebackenem, gespendetem Kuchen zusammen.
Für die Gemeinde gab es noch einen Lichtbild - Abend unter dem Thema „Unsere Kirche in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft".
Die Kollekte dieses Tages betrug 846,50 M für Aufgaben in der eigenen Gemeinde.
Im November des Jahres tobte ein Herbststurm, der den großen Sendemast in Königs Wusterhausen zum Einsturz brachte. Auch am Dach des Kirchenschiffes machte er großen Schaden, so dass die Dachziegel über der Orgel zerschmettert am Boden lagen. Am nächsten Morgen rief der Kirchenälteste Walter Damm an und erkundigte sich nach dem Ausmaß des Schadens. Er stellte sofort eine sehr große Plane zur Verfügung, mit der das offene Dach geschlossen werden konnte.
Einer musste nun hinaufklettern und die Plane ausbreiten und befestigen. Die schöne Aussicht vom Dachfirst werde ich nicht vergessen.

Etwas fehlte noch in der schönen neuen Kirche: Die Orgel!
Die alte Orgel war wegen des jahrelang undichten Daches unspielbar geworden und konnte nur noch abgerissen werden. Aber ein Grundstock für die neue Orgel war schon gelegt:
Bei einem Männertreffen der umliegenden Gemeinden im Pfarrhaus Waltersdorf 1971 wollten die Männer auch einen Blick in die Kirche werfen. Dort waren wir noch mitten beim Bauen. Da fasste der Schuhmachermeister Vetter aus Wildau einen Entschluss: Er hatte immer, wenn es für ihn einen besonderen Grund zum Danken gab, ein 5-Markstück in eine Büchse getan. Den Inhalt dieser Büchse mit über 1000,- Mark spendete er für die neue Orgel in Waltersdorf. Er war einer der Stillen im Lande, der mit seinem Tun viel Segen stiftete.

Auch in den folgenden Jahren wurde immer wieder zu vielen verschiedenen Treffen für Jung und Alt eingeladen.
Der Kreiskirchentag 1973 fand im Süden des Kirchenkreises statt. Der Gemeindeausflug führte uns nach Lobetal und an den Werbellin-See.
Die Kinder machten ihren Ausflug nach Lobetal und zum Kloster Chorin.
Auch in diesem Jahr wurden 819,- Mark für Kirche und Orgel gesammelt.

1974 fuhren wir wieder einmal zum Regionalkirchentag nach Frankfurt / Oder und zum Gemeindeausflug nach Potsdam und Ferch.
1975 fand der Kinderkirchentag in Teupitz statt.
Vom 02. - 09.11. war Kreiskirchen-Visitation: Frauenabend und Junge Gemeinde sowie Christenlehre und Gottesdienst wurden von den Visitatoren besucht, es gab eine Reihe von Gesprächen.
1976 versammelten wir uns zum ersten Mal zum Weltgebetstag am 05.03.
Der Gemeindeausflug führte uns nach Lübben und Branitz.
In diesem Jahr trafen wir uns zum Kreiskirchentag in Niederlehme, der Kreisjugendsonntag fand in Schulzendorf statt. Die Christenlehre - Kinder fuhren zu ihrem Kirchentag nach Bestensee.

In der Kirche fehlte immer noch die Orgel. Eine neue Orgel bauen zu lassen, hätte uns finanziell viel zu sehr belastet. Da hörte ich von einer Orgel bei Mücheln, die nicht mehr gebraucht und deswegen verkauft werden sollte. Herr Kantor Warnat erklärte sich bereit, die Orgel zu begutachten. So fuhren wir beide nach Neubiendorf.
Weil Kantor Warnat die Orgel zwar für überholungsbedürftig, aber sonst für brauchbar befand, beschloss der Gemeindekirchenrat, diese Orgel zu kaufen.
Sie wurde im August 1976 abgeholt und nach Waltersdorf gebracht. Dort wurde sie auf der Empore eingelagert.
Das Erntedankfest 1976 feierten wir mit Jugendlichen aus den Samariter-Anstalten aus Fürstenwalde, die nach dem Gottesdienst zum Mittagessen von Gemeindegliedern eingeladen wurden und dann gemeinsam im Pfarrhaus Kaffee tranken, nachdem wir mit ihnen einen Spaziergang gemacht und im Pfarrgarten gespielt hatten.
Im Rahmen der Brandenburgischen Kirchenchortage fand auch eine Kirchenmusik in der Waltersdorfer Kirche statt, bevor man sich zum Abschluss „mit vollen Chören" in Königs Wusterhausen traf.
Beim Gemeindeausflug sahen wir uns Dresden und Pillnitz an.
  
Die reparaturbedürftigen Orgelteile waren zum Orgelbaumeister Fahlberg nach Eberswalde gebracht worden. Der Orgelbauer wollte im September 1977 kommen und die Orgel hier aufstellen.
Nachdem die Orgel dann aufgebaut, intoniert und abgenommen war, fand am 16. Oktober 1977 die festliche Orgelweihe statt. Wir begrüßten zu diesem Gottesdienst Herrn Pfr. Scheel, den amtierenden Superintendenten, der die Predigt hielt, die Orgelbauer, Herrn Kantor Warnat/ Zeuthen, der die Orgel spielte, sehr viele Gäste und Gemeindeglieder, dazu den Posaunen- und den Kinderchor.

Im Festgottesdienst am 16.10.1977 erklang als erstes Werk auf der Orgel das Präludium G-Dur von Johann Sebastian Bach. Buxtehudes Toccata F-Dur bildete den Abschluss dieses Gottesdienstes, an den sich ein fröhliches Kaffeetrinken im Pfarrgarten bei herrlichem Sonnenschein anschloss.

Die Orgel war ursprünglich 1884 für die Kirche in Möckerlingen erbaut worden, die dem Braunkohlen-Tagebau im Leipziger Raum zum Opfer fiel. 1964 wurde sie ins Gemeindehaus Neubiendorf bei Mücheln eingebaut. Als dieses jetzt verkauft wurde, fand die Orgel in der Waltersdorfer Kirche ihre neue Heimat. Sie hat acht Register, davon zwei im Pedal, sechs im Manual, im Ganzen etwa 500 Pfeifen.

In Waltersdorf hatte bis 1965 ein Harmonium den Gemeindegesang notdürftig begleitet. Danach hatte die Gemeinde zwölf Jahre ohne Instrument singen müssen; in dieser Zeit hat sie das Singen gelernt und das Sparen für die Orgel hatte sich gelohnt.

Da wir für die neue Orgel keinen Organisten hatten, half die Lehrerin Elsa Giebel/ Siedlung Waltersdorf an vielen Sonntagen auf der Orgelbank aus.
Seit Herbst 1976 gab es Kontakte zum Ulmenhof in Berlin-Wilhelmshagen. Ein bis zwei Mal im Jahr kamen die Ulmenhofer Jungen in den Gottesdienst, gingen dann zum Mittagessen in Gastfamilien und blieben dort, bis sie wieder mit dem Linienbus nach Hause fuhren.
Der Gemeindeausflug führte uns 1978 nach Dessau und Wörlitz.
Am 10 12.1978 wurde die Kiekebuscher Kirche nach längerer Bauzeit feierlich wieder in Dienst genommen.

Im Herbst 1978 ging Pfr. Detlef Müller aus Schulzendorf nach Westdeutschland und Pfr. Gändrich übernahm dort die Vakanzverwaltung.
Im Konsistorium wurde bereits zu dieser Zeit  überlegt, wie man Pfarrstellen zusammenlegen kann. Der Plan des Konsistoriums, die Pfarrstellen Selchow und Waltersdorf zusammenzulegen, hätte sich sehr zum Nachteil dieser sieben Kirchengemeinden ausgewirkt. So war es die bessere Lösung, Schulzendorf und Waltersdorf zu einer Pfarrstelle zu vereinen. Kiekebusch kam zum Pfarrsprengel Miersdorf.
Damit wurde Waltersdorf zur mater coniuncta (verbundenen Mutterkirche) und die Pfarrstelle in den größeren Ort Schulzendorf verlegt.
Der 25. Pfarrer von Waltersdorf war der letzte Pfarrer dort und zog nach Schulzendorf.
Pfr. Gändrich wurde am 02.09.1979 feierlich in der Kreuzkirche Schulzendorf eingeführt.
Im Jahr 1979 fuhren wir mit dem Gemeindeausflug nach Tangermünde und Jerichow.

Im Pfarrhaus Waltersdorf wohnte nun vier Jahre lang Familie Krupski. Frau Krupski leitete das Kirchliche Verwaltungsamt in Eichwalde.

Von 1984 bis 1994 hatten wir im Pfarrsprengel Schulzendorf-Waltersdorf einen Diakon, Herrn Andreas Wessel, dessen vielseitige Tätigkeit als Organist, Küster und besonders in der Altenarbeit sehr segensreich war. Als er 1994 in die Nähe von Löbau zog, wurde dies vom Pfarrer und sehr vielen Gemeindegliedern tief bedauert.

Pfr. Gändrich ging 1993 in den Ruhestand, verwaltete aber die Pfarrstelle noch ein Jahr, bis Pfr. Hanskarl Kahlbaum seinen Dienst in Schulzendorf antrat.  



PFARRFRAU, PFARRHAUS und PFARRGARTEN

Seit der Reformationszeit sind evangelische Pfarrer in der Regel verheiratet. Sie leben in den gleichen Bindungen und unter dem gleichen Segen des Ehestandes wie viele Gemeindeglieder.
Fischers Pfarrerbuch (s.*7) gibt uns spärliche Auskünfte über die Gattinen der Waltersdorfer Pfarrer, es sind höchstens Angaben über ihre Herkunft. Von nur wenigen wissen wir mehr:

1. Die hölzerne Grabtafel der Catharina Albinus geb. Ohrlinges, (1639-68), die bei der Geburt ihres siebenten Kindes  „sanft und seelig" gestorben ist.

2. Marie Arndt, geb. Ramdohr, seit 1839 mit Pfr. Arndt verheiratet, der sie als „ideale Pfarrfrau" bezeichnet. (AC S.112)

3. Clara Ebert, geb. Himly, (1802-64) die als Übersetzerin aus dem Englischen tätig war.(BzW I,66)

Und doch sind sie alle als Mütter der Kinder und Teilhaberinnen aller Freuden und Lasten des Pfarrers von ganz entscheidender Wichtigkeit, wenn einer des andern Last trägt und sie so zu Gehilfinnen der Freude werden, die der Pfarrer mit Wort und Wandel zu verkündigen hat.
Wie viel nehmen sie ihm ab! Wie viel nehmen sie an, wenn er nicht zu Hause ist! An wie viel erinnern sie ihn und bringen sich selbst ein als „Pfarrgehilfin" und im Gespräch von Frau zu Frau! Wie viel stille und doch wichtige Dienste tun sie im Pfarrhaus als Putzfrau, wenn am Sonnabendnachmittag die Christenlehre zu Ende ist und im Winter am Sonntag zum Gottesdienst alles wieder sauber zu sein hat! Wie viele Blumen werden selbstverständlich aus dem Garten zu Geburtstagen in der Gemeinde geholt! Zu wie vielen Gottesdiensten und Veranstaltungen hat die Pfarrfrau zu erscheinen? Wie gut muss der Garten aussehen und was hat er zum schmalen Pfarrgehalt beizusteuern an Blumen, Obst, Gemüse, besonders an Erdbeeren und Spargel?
Für all das und vieles mehr war die Pfarrfrau verantwortlich durch viele Jahre und Jahrzehnte – ohne Bezahlung, vielleicht für ein Dankeschön und ein wenig Anerkennung.
So haben wir es in unserer Familie lange Zeit praktiziert und so war es in vielen andern Pfarrhäusern auch.

Dazu gab es die Gelegenheit, gern zu herbergen (Hebr. 13,2). Darüber könnte ich viel schreiben. Wenn Ausländer oder DDR-Bürger nicht mehr weiter konnten (Autopanne) und ein Telefon und Herberge suchten, kamen sie ins Pfarrhaus. Aus der Nähe und der Ferne, Warschau, Krakau, Nachod, Budapest, ja sogar aus Paris hatten wir Schlafgäste. Und wenn dann beim Frühstück gebetet wurde, waren manche sehr erstaunt, aber manche sagten: „Deswegen sind wir ja hierher gekommen."

Die Zeiten haben sich sehr geändert und die Menschen mit ihnen. Gibt es das im 21. Jahrhundert auch noch??




Über die weitere Geschichte mag nun ein anderer schreiben.

Der Verfasser

Schulzendorf im April 2005



 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü